(05.09.2019)
Arbeitsrechtler und LBS-Referent Hans Malkmus sieht noch viel Klärungsbedarf, bevor sich Unternehmen an die Umsetzung des Urteils aus dem Europäischen Gerichtshof machen müssen
Einer der gefragtesten Referenten der LBS Akademie ist Hans Malkmus. Der frühere Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg ist ein ausgewiesener Experte für arbeitsrechtliche Fragen und gefragter Ratgeber für den Umgang mit aktuellen Veränderungen der Rechtslage. Im Umfeld seines jüngsten Workshops beim LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. haben wir ihn zum Thema „Arbeitszeiterfassung“ interviewt.
Herr Malkmus, die aktuellen Tendenzen in der EU zur Arbeitszeiterfassung beschäftigten viele Unternehmen. Wie ernst ist die Lage?
Malkmus: Das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten dazu, von den Arbeitgebern in ihrem Land eine systematische Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu verlangen. Also liegt der Ball jetzt erst einmal in der Hand der Politik, in unserem Fall von Bundesregierung und Bundestag. Im einzelnen Unternehmen besteht derzeit noch kein Handlungsbedarf.
Aber wären die Unternehmen nicht gut beraten, sich vorzubereiten auf das, was ihnen da ins Haus steht?
Malkmus: Man kann sich schon mal Gedanken machen. Aber man sollte auf jeden Fall die Finger von vorauseilendem Gehorsam lassen. Denn das birgt zwei Risiken. Das eine besteht darin, dass das Unternehmen ein Verfahren oder eine Systematik entwickelt, die dem späteren gesetzlichen Rahmen nicht ausreichend entspricht. Dann muss man die gleiche Arbeit noch einmal machen. Oder, zweitens, noch schlimmer: Man entwickelt etwas, das gegen die Regeln verstößt. Dann schafft man sich ein unnötiges Prozessrisiko.
Gibt es eigentlich schon eine einheitliche Vorstellung davon, was Arbeitszeit ist?
Malkmus: Eben nicht – und das ist eines der Risiken von vorauseilendem Gehorsam. Fragen nach Pausenregelungen sind noch die harmloseren Aspekte. Beim Umgang mit Dienstreisen oder Home Office sehe ich viel größere Baustellen ungeklärter Verhältnisse. Hier ist noch viel Definitionsarbeit zu leisten, bevor man ans Erfassen gehen kann.