(16.07.2019) Der LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. lässt nicht locker, von der Politik stabile Rahmenbedingungen sowie mittel- und langfristige Planungssicherheit anzumahnen. Beim diesjährigen Branchentreff anlässlich der LBS-Mitgliederversammlung in Lindau mahnte Verbandspräsident Heinrich Doll, die tragende Rolle der Branche in der Wirtschaft nicht durch das Vertagen wichtiger gewerbepolitischer Entscheidungen zu gefährden.
Dabei standen Themen im Fokus wie der massiv beeinträchtigte freie Warenverkehr durch Tirol, die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene oder der ehrliche Umgang mit den Folgen von Diesel-Fahrverboten für eine ungestörte Versorgung von Handel, Gewerbe und Produktion mit Logistik-Dienstleistungen. Beispielhaft für politisches Taktieren, das den Unternehmen eine tragfähige Planungsbasis entzieht, nannte Doll den nicht endenden Prozess um die drei „Mobilitäts-Pakete“ der EU. „Eigentlich wurden sie auf den Weg gebracht, um gleiche Bedingungen im Wettbewerb zu schaffen – für alle in Europa. Was wir aber heute haben, ist fast überall Stillstand – und die Gefahr, dass es künftig mehr bürokratische Hindernisse gibt statt weniger“, so der LBS-Präsident. „An was es auf jeden Fall mangelt, das sind belastbare Fakten und Regeln, auf denen wir als Unternehmer unsere Planung aufbauen können. Das Ziel muss ein fairer Wettbewerb in Europa sein – es ist bedauerlich, dass sich alle darüber streiten, wie man das erreichen kann.“
Doll ermutigte die anwesenden Branchenvertreter aus dem ganzen Freistaat, „dass wir uns stets auf die eigenen Kräfte und das eigene Können besinnen müssen, wenn wir wirklich etwas bewegen wollen“. Das sei beim Fachkräftemangel so, beim Gewinnen von Auszubildenden und bei den Kosten und Nutzen der Maut. Die Unternehmen hätten den Vorteil, dass sie aus täglicher Praxis heraus über belastbare Fakten verfügten, mit denen sie Argumente bekräftigen könnten. Im Gegenzug fehle eine klare Haltung auf Seiten der Politik, so seine Kritik, die er mit dem Beispiel von zwei Mauterhöhungen 2018 kurz hintereinander veranschaulichte: „Soll die Maut Lenkungswirkung zeigen oder soll sie nur Kassen füllen? Die Tatsache, dass ausgerechnet jene Fahrzeuge am höchsten belastet werden, die die größte Last befördern und technisch auf dem neuesten Stand sind, kann man als deutliches Zeichen für Zweiteres nehmen. Dann dürfte man als Zahlkunde aber auch erwarten, dass derlei besser geplant und kommuniziert wird.“
In seiner Bilanz der vergangenen zwei Jahre mahnte Doll auch mehr Fairness seitens der Auftraggeber an. „Viel zu oft aber noch werden Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen der Logistik und der Speditionsbranche von unseren Auf-traggebern nicht als Partnerschaft zur gemeinschaftlichen Wertschöpfung betrachtet – sondern als reiner Kostenfaktor“, so seine Analyse. Beispielhaft führte er das Thema „Verladerampe“ an: „Es ist ein Unding, dass für unsere Unternehmen und ihre Mitarbeiter Touren unkalkulierbar werden, weil die Fahrer dazu zwangsverpflichtet werden, ihre Fracht selbst zu laden und zu entladen. Die angeblich hilfreichen (Rampen-)Steuerungsverfahren bleiben obendrein den Nachweis schuldig, dass sie etwas zum Besseren bewirken.“
Für Logistiker und Spediteure bedeute das, genau hinzuschauen, wo die fehlende Zeit verloren gegangen ist. Meist genüge ein Blick in die Betriebsdaten, um diesen Verzögerungen auf die Spur zu kommen. Doll: „Die wenigsten von ihnen entstehen im Betrieb, die meisten in der Infrastruktur. Hier ein Stau, dort eine Umleitung. Hier eine Streckensperrung, dort mangelnde Kapazitäten. Ob Straße oder Schiene, ob fehlende dritte Startbahn oder stagnierender Donau-Ausbau: Die verfügbare Infrastruktur reicht bei weitem nicht aus, um den Anforderungen unserer Kunden und eines dynamischen Standorts gerecht zu werden.“
Er warnte dringend, die negativen Folgen einer solchen Entwicklung im Auge zu behalten. Schon jetzt sei Deutschland in Sachen Pünktlichkeit im Weltbank-Ranking auf den dritten Platz abgerutscht: „In unserer Branche, in der es oft genug auf Minuten ankommt, ist das keine gute Entwicklung.“ In diesem Zusammenhang werde ein zielgerichtetes und konsequentes Handeln der Politik immer wichtiger: „Uns ist bewusst, dass Infrastruktur-Projekte – vor allem in ihrer Planungs- und Entstehungsphase – für die Politik nicht sexy sind“, sagte Doll. Gegen fast jedes Projekt rege sich inzwischen von irgendwoher Widerstand, oft sogar mehrfach. „Deswegen fordern wir von der Politik immer wieder ein, auch den Mut zu haben, unbequeme Entscheidungen für Projekte zu treffen, die uns allen nutzen und uns alle weiterbringen, sobald sie vollendet sind. Das wäre zukunftsorientiertes Handeln.“
Den Beleg dafür, dass derlei möglich ist, sei mit den Entscheidungen für einen massiven Infrastrukturausbau erbracht worden. „Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 und einer eigenen Behörde für die Bundesfernstraßen zum Beispiel hat die Politik ein starkes Signal gesendet, dass ihr das Defizit bewusst ist“, so Doll.