(15.12.2017)
Auf dem intermodalen Forum der Hupac in Düsseldorf kündigte Frank Sennhenn, CEO der DB Netz, vergangene Woche eine Entschädigung für Unternehmen an, die aufgrund der Vollsperrung auf der Rheintalstrecke bei Rastatt vor ein paar Monaten drastische Verluste erlitten hatten. Grund der Sperre war eine bei Bauarbeiten aufgetretene Schienenabsenkung – auf einer Strecke, die täglich von 200 Güterzügen genutzt wird. „Wir begrüßen die in Aussicht gestellten Entschädigungszahlungen der DB Netz. Aus unserer Sicht hätte dieser Schritt allerdings deutlich schneller erfolgen müssen, denn unsere Unternehmen beklagen empfindliche Einbußen. Gleichzeitig ist das Vertrauen der Speditionen in den Kombinierten Verkehr weiter gesunken“, kommentiert Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure.
„Wir begrüßen des Weiteren die Ankündigung des CEO der DB-Netz, künftig alles zu tun, damit eine derartige Unterbrechung nicht noch einmal passiert und hoffen, dass dieser Ankündigung auch Taten folgen. Besonders das Thema „ungenügendes Baustellenmanagement“ der Bahn stößt bei unseren Mitgliedern auf Unverständnis. Unseren Logistikunternehmen werden von Neukunden im Bewerbungsprozess detaillierte Notfallpläne für verschiedene Szenarien im logistischen Wertschöpfungsprozess abverlangt. Es ist daher nicht einleuchtend, dass eines der größten deutschen Verkehrsunternehmen keine funktionierenden, flächendeckenden Notfallkonzepte erstellen kann. Zugleich müssen endlich europäische Hemmnisse im Schienenverkehr beseitigt werden. Die französischen Umfahrungsstrecken konnten bei der Rheintalstreckensperrung teilweise nicht genutzt werden, weil Lokführer nicht französisch sprachen“, erklärt Lehmann.
Um dem Titel des Logistikweltmeisters gerecht zu werden, zu dessen zentralen Kriterien gerade eine gute Infrastruktur zählt, muss das deutsche Schienennetz in einem besseren Zustand und noch enger mit den internationalen Verkehrsachsen verknüpft sein. Die besondere Stärke des Verkehrsträgers liegt in der Überwindung großer Distanzen. Rastatt ist Teil der wichtigsten europäischen Nord-Süd-Schienentransversale von Rotterdam nach Genua. Jährlich werden auf dieser Route rund 700 Millionen Tonnen Fracht bewegt. Das sind etwa 50 Prozent der gesamten Nord-Süd-Fracht. Der Schweizer Alpenbasistunnel Lötschberg-Tunnel sowie der Gotthard-Tunnel sind umgesetzte Vorhaben aus diesem Mammutprojekt. Die deutschen Projekte der Trasse werden dagegen erst in den 2030er Jahren fertiggestellt sein. Ein ähnliches Szenario ist auf einer weiteren bedeutenden europäischen Trasse, dem Scan-Med-Korridor, zu beobachten. 2026 ist die Fertigstellung des 64 Kilometer langen Brennerbasistunnels geplant. Doch der Ausbau des Brenner Nordzulaufs hinkt weit hinterher. Im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) ist eine wichtige Teilstrecke aus diesem Vorhaben, der Bau von zwei zusätzlichen Gleisen von München / Grafing über Rosenheim nach Kiefersfelden, zwar aufgeführt. Doch der besagte Abschnitt kann erst mit seinem Vollausbau die zu erwartende Steigerung dieser Alpenquerung bewältigen. Zudem stehen weder die Kosten für die Strecke fest, noch gibt es einen klaren Zeithorizont. Der LBS setzt sich daher für eine deutliche Beschleunigung des Projekts und eine Inbetriebnahme der Strecke, möglichst an die Fertigstellung des Brennerbasistunnels gekoppelt, ein. Andernfalls können die erweiterten Kapazitäten, die der neue Tunnel bieten wird, nur sehr eingeschränkt genutzt werden.
„Der LBS warnt daher vor der Illusion, dass mit dem Investitionshochlauf im Verkehrsbudget alle Weichen für eine zukunftsfähige Schiene gestellt sind. Das Thema muss für die nächsten Legislaturperioden mit einer sehr hohen Priorität versehen, die Umsetzung regelmäßig evaluiert und die Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden, wenn der Anteil des Schienengüterverkehrs am Modalsplit nicht noch weiter sinken soll.
Die aktuellen Zahlen weisen in diese Richtung. Laut einer Kurzfristprognose der SSP Consult im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums wird der Straßengüterverkehr in 2017 um 2,6 Prozent zulegen, die Schiene partizipiert vom Wachstum des Logistikmarktes mit mageren 0,6 Prozent. Die neuesten Pro-Kopf-Investitionszahlen der europäischen Staaten in die Schieneninfrastruktur von 2016 zeigen, wie groß die Investitionslücke derzeit ist. In der Schweiz wurden pro Einwohner 378 Euro ausgegeben, in Österreich 198 Euro, während in Deutschland lediglich 64 Euro investiert wurden“, führt Lehmann aus.
LBS begrüßt in Aussicht gestellte Entschädigungszahlungen von DB Netz für Rastatt-Vollsperre.pdf