(05.12.2024)
Gestern Abend haben wir noch verhandelt, heute Nacht wurde schon gestreikt", zieht Sabine Lehmann eine erste Bilanz aus der zweiten Verhandlungsrunde zu Tarifverträgen zwischen Arbeitgebern der Speditions- und Logistikbranche und der Gewerkschaft ver.di. Die Geschäftsführerin des LBS - Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. kommentiert die Streiks: "Angesichts der Tatsache, dass die Gewerkschaft auch im zweiten Verhandlungstermin nicht bereit war, auch nur einen Deut von ihren Maximalforderungen abzurücken, erkennen wir hier eine Strategie, die auf einen Tarifkonflikt abzielt - und nicht auf ein Ergebnis, das Beschäftigte und Arbeitgeber weiterbringt."
Wie bei anderen Tarifverhandlungen in der jüngsten Vergangenheit auch, sind vor allem die Laufzeit (Arbeitgeber: 24 Monate, Gewerkschaft: 12 Monate) sowie der Umfang der Erhöhung strittig. "Die Tarifforderung, an der ver.di unverändert festhält, bedeutet in den unteren Lohngruppen eine Steigerung um 15 bis 17 Prozent für ein Jahr. Dies ist angesichts der Wirtschaftslage und der globalen Ereignisse fern jeglicher Realität", so Lehmann.
Als Querschnittsdienstleiter sind Spediteure und Logistiker stark abhängig von mehreren konjunkturellen Faktoren "und da sehen wir an allen Ecken und Enden Signale, die nach unten deuten." Einzig die niedrige Inflationsrate von prognostizierten 2,1 Prozent sei ein Hoffnungsschimmer - aber nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Arbeitnehmer.
Dem stehen gegenüber: Rückgängiger Konsum, schwindende Industrieproduktion, angedrohte Zölle auf europäische Produkte in den USA, anhaltende politische Krisen und kriegerische Konflikte. All das sind überaus schwierige Rahmenbedingungen für die Exportnation Deutschland. Wo wenig im- und exportiert wird, wird wenig transportiert. "Nirgendwo," so Lehmann, "sehen wir gerade positive Signale für den Zeitraum, den der Tarifvertrag abdecken soll."
Auf eine entsprechende, an der gesamtwirtschaftlichen Realität orientierte Argumentation sei die Gewerkschaft nicht eingegangen, sondern habe die Verhandlungen abgebrochen. "Diese Bewegungslosigkeit, die in anderen Branchen bei Verhandlungen auch schon zu beobachten war, könnte man fast als ein gewerkschaftspolitisches Ritual mit hohem Selbstzweckfaktor betrachten."
Das aktuelle Angebot des LBS beläuft sich auf insgesamt 4,6 % mehr Lohn und Gehalt sowie einen Festbetrag von 55 Euro pro Monat für Auszubildende bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Dem steht gegenüber die Forderung nach einer Erhöhung der monatlichen Tariflöhne und Tarifgehälter um jeweils 368,00 Euro/Monat, die Erhöhung der monatlichen tariflichen Ausbildungsvergütungen um jeweils 184,00 Euro/Monat sowie eine Laufzeit des Tarifvertrages von12 Monate - alles beginnend ab 01.12.2024.
Die nächste Verhandlungsrunde ist für Mitte Dezember angesetzt.