(31.01.2023)

„Nach wie vor gravierende Lücken und Defizite bei ganzheitlichen Verkehrskonzepten“ moniert der LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. angesichts des Dieselfahrverbots für München, dessen erste Stufe am 1. Februar 2023 in Kraft tritt.

„Bei allem, was Recht ist und auch rechtsstaatlich zu behandeln ist: Wenn aus Gesetzen und Urteilen offenkundige Konflikte zwischen Lebensbereichen und Interessen entstehen, ist eine Vorgehensweise mit stufenweisen Fahrverboten die falsche Antwort, weil sie zahlreiche Fragen nach der Folgewirkung offenlässt“, kommentiert Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des LBS. „Einmal mehr tritt in diesem Fall zutage, was durch politische Scheuklappen und das Fehlen ganzheitlicher Alternativen an wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden angerichtet wird.“

Lehmann verweist insbesondere auf das Ringstraßen-Konzept für München, dessen Ursprung mehr als 50 Jahre zurückliegt. „Die gesamte Zuliefer- und Versorgungslogistik der bayerischen Landeshauptstadt ist auf den Ring aufgebaut. Mehrfach haben dessen Erweiterung und Anpassung an veränderte Verhältnisse die Bürgerschaft und die Stadtpolitik beschäftigt. Daraus ist ein organisches System entstanden, dessen Umbau und Neustrukturierung nicht von heute auf morgen geschehen kann. Dies allerdings nun auf rechtlicher Basis durchgeboxt, ohne dass Vorsorge getroffen wurde, die daraus entstehende Situation konstruktiv zu gestalten.“

Die massiven Einschnitte in der Mobilität betreffen auch Mitarbeitende, vor allem im Schichtbetrieb, für die noch kein zuverlässiges, durchgängiges ÖPNV-Angebot besteht. Auch die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge sei noch weit davon entfernt, kurzfristig einen Umstieg problemlos sicherzustellen – sowohl für den Wirtschaftsverkehr wie für die Pendler. Die zu erwartenden Umweg-Strategien der Verkehrsteilnehmer, um „ringfrei“ zum Ziel zu kommen, lassen außerdem erwarten, dass sich die Emissionsbilanz auf breiter Ebene verschlechtert, weil von Zeit wie Kilometern längere Strecken genutzt werden.

Der Branchenverband kritisiert nicht nur den zusätzlichen bürokratischen Aufwand, sondern auch die zusätzliche wirtschaftliche Belastung der Unternehmen in Krisenzeiten, ohne dass ihnen eine belastbare, langfristige Perspektive für ihre Investitionen geboten würde: „Wie soll man Nachhaltigkeit herbeiführen, wenn die Entscheidungen von heute nicht bis morgen halten können?“ stellt sie die Frage, die viele Unternehmen umtreibt. „Da wurden vor wenigen Jahren Flotten auf Euro VI- und AdBlue-Basis beschafft, um den neuesten Anforderungen gerecht zu werden – nur, um damit jetzt vor Zufahrtsbarrieren gebremst zu werden. Mal ganz abgesehen davon, dass unter diesen Vorzeichen hochwertige Produkte vor Ende ihrer Lebensdauer entwertet werden: Auf welcher Basis und mit welchem Zeithorizont sollen Ersatz-Investitionen erfolgen?“

Dazu kommt: Die vom LBS begrüßten Aus- und Übergangsregelungen entschärften zwar die besonders kritischen Auswirkungen für Privatpersonen und Wirtschaftsverkehr – „aber nur kurzfristig und unter Verlagerung des Verkehrs auf andere Strecken“, warnt Lehmann. „Großräumige Umfahrungen der Innenstadt, um Adressen im unmittelbaren Außen-Umfeld des Rings zu erreichen, erhöhen nicht nur die Emissionen insgesamt, sie machen die Verkehrs- und Stadtplanung der zurückliegenden Jahrzehnte obsolet, ohne dass in absehbarer Zeit neue Konzepte zum Tragen kämen.“ Statt die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, würden Instrumente aus der Mottenkiste der Bürokratie genutzt, die sich auf eine reine Verbots-Strategie reduzieren.

pdfLBS_PM_Dieselfahrverbot_München_31_01_2023.pdf145.92 KB

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