(21.08.2019) Die gewerbepolitischen Aktivitäten des LBS zielen auf den Nutzen der Mitglieder und eine nachhaltige Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Branche. Wie die Mitglieder des Präsidiums im Interview erläutern, kommt es dabei auf Kompetenz und Beharrlichkeit an.

In seiner Verbandsarbeit hat der LBS das Thema „Gewerbepolitik“ ganz nach oben gesetzt. Woher kommt diese Priorität?

Heinrich Doll: Die Speditions- und Logistikbranche ist geprägt von Betrieben sehr unterschiedlicher Größe, von kleinen Betrieben mit wenigen Mitarbeitern bis zu weltumspannenden Konzernen. Es ist von existenzieller Bedeutung, dass die Sorgen, Bedürfnisse und Wünsche der gesamten Branche, egal welcher Größenordnung, bei den politischVerantwortlichen wahrgenommen werden. Das ist die klassische Aufgabe eines Verbands: Auf übergeordneter Ebene die Interessen aller Mitglieder zu vertreten.

Henning Mack: Auch wenn jeder von uns in seinem eigenen Unternehmen Verantwortung trägt, so kommt es in der Verbandsarbeit doch auf Unabhängigkeit und einen neutralen Blick an. Wir agieren dort, wo es der ganzen Branche nützt – nicht nur einer einzelnen Firma. Dafür ist das ehrenamtliche Engagement genau das richtige Instrument.

Was ist Ihr wichtigstes Werkzeug?

Manfred-Jürgen Fichtl: Wie überall in der Welt: ein ausgedehntes, funktionierendes Netzwerk. Als Logistiker haben wir das Prinzip der Transportkette verinnerlicht und übertragen das auf Informationen, Wünsche und Forderungen an die Politik.

Henning Mack: Und, natürlich, unsere fachkundige und engagierte Geschäftsstelle. Gerade bei Rechtsfragen kann ganz schnell Sand ins Getriebe des Betriebs kommen. Weil uns das Team in der Wilhelm-Wagenfeld-Straße auf diesem Gebiet immer schnell und zuverlässig zur Seite steht, bleibt uns mehr Zeit, um uns aufs Kerngeschäft zu konzentrieren. Außerdem haben wir dort ein stets gut und aktuell gefülltes Wissens-Silo – das liefert uns wertvolle „Nahrung“ für Managementaufgaben.

Wie lässt sich bei Ihrer Arbeit ein Erfolg erkennen?

Heinrich Doll: Wenn wir dazu beitragen, dass sich für Unternehmen in unserer Branche die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das mag erst einmal sehr generalistisch klingen, aber letztlich ist es das, worauf es bei der breiten Vielfalt an Betrieben und ihrer Ausrichtung ankommt. Gewerbepolitik spielt sich immer übergeordnet ab.

Manfred-Jürgen Fichtl: Rahmenbedingungen und ihre Qualität zeigen sich da, wo der Arbeitsfluss in den Unternehmen betroffen ist. Wo es darum geht, Prozesse zu optimieren und Reibungsverluste zu vermeiden. Ein Beispiel, wo wir in der Tat für viele Mitgliedsfirmen etwas haben bewirken können, das sind die Abfertigungs- und Bearbeitungszeiten beim Zoll. Da ist es uns im direkten Gespräch mit den Behörden gelungen, Veränderungen und Anpassungen herbeizuführen, durch die sich die Abläufe in der Transportkette besser aneinanderfügen. Da mag es im Einzelfall nur um viertel oder halbe Stunden gehen, aber übers Jahr und alle Betriebe gerechnet, kommt da ordentlich etwas zusammen.

Gehört zu „gewerbepolitischen Aktivitäten“ auch Einflussnahme auf die Politik?

Henning Mack: Wir verstehen uns auf keinen Fall als Lobby-Organisation, die hinter den Kulissen die Strippen ziehen will. Wenn wir aktiv werden, dann mit offenem Visier und offenen Worten. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Nehmen Sie die Diskussion rund um den Brenner. Das war nie Tagespolitik, das wird nie Tagespolitik sein. Da muss man über viele Jahre hinweg präsent sein, seine Argumente parat haben und kompetent Rede und Antwort stehen, wenn man gefragt wird. Wir haben das beim LBS immer so gehalten, dass wir eindeutig Position beziehen – aber jederzeit auch mit allen reden, die nicht diese Position haben.

Manfred-Jürgen Fichtl: So gesehen, nehmen wir Einfluss auf die politische Willensbildung. Das wird von einem Branchenverband auch erwartet – seitens der Mitglieder, seitens der Politik. Schauen wir doch nur nach Brüssel oder auf die diversen internationalen Behörden, deren Entscheidungen unsere Arbeit beeinflussen. Wenn es darum geht, die dort geschaffenen Gesetze, Richtlinien und Vorschriften auf nationale Ebenen zu übertragen, dann müssen wir uns zu Wort melden. Und mit unserem Sachverstand und unserem Wissen über die Situation in den Unternehmen dafür sorgen, dass unsere Branche mit dem Ergebnis leben und arbeiten kann.

Macht sich diese Haltung bezahlt?

Heinrich Doll: Es gelingt uns jedenfalls immer wieder, unsere Stimme zum Tragen zu bringen. Die Ansprechpartner schätzen unsere Einstellung. Wir müssen uns nicht aufdrängen, wir werden gefragt.

Henning Mack: Die Adressaten unserer Botschaften akzeptieren unsere Hartnäckigkeit, weil wir unsere Haltung immer mit Argumenten untermauern können. Der Ausbau der Donau zum Beispiel oder der Bau des Brenner-Basis-Tunnels: Das ist aus unserer Sicht eine Frage zuverlässiger, belastbarer Infrastruktur, die es braucht, wenn die Forderung ernst gemeint ist, Verkehr von der Straße weg zu verlagern. Wir sehen das frei von parteipolitischen Positionen, sondern können den Handlungsbedarf anhand realer Verkehrsströme und verfügbarer Kapazitäten nachweisen.

Heinrich Doll: Das gilt auch für die 3. Startbahn am Münchner Flughafen. In Sachen Luftfracht, die für das Exportland Bayern lebensnotwendig ist, machen wir uns ungebrochen stark für zusätzliche Kapazitäten, wie sie für einen Airport mit Drehkreuz-Funktion in einer wachsenden Weltwirtschaft unverzichtbar sind. Als bayerische Unternehmen dürfen wir uns hier nicht abhängig machen von Kapazitäten in anderen Ländern, auf deren Verfügbarkeit wir keinen Einfluss mehr haben. Mit dieser Position stoßen wir nicht unbedingt überall auf Gegenliebe, aber wir tragen dazu bei, dass wichtige Standortfragen nicht aus dem Blickfeld verschwinden.

Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen, den größten Handlungsbedarf?

Manfred-Jürgen Fichtl: Da gibt es den Dauerbrenner Infrastruktur – für alle Verkehrsträger. Da dürfen wir keine Kompromisse zulassen. Inzwischen kommt die digitale Infrastruktur dazu. Die Speditions- und Logistikbranche ist auf so vielen Ebenen mit Marktteilnehmern rund um die Welt verknüpft, da ist es eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit, dass Kommunikation und Datenfluss optimal unterwegs sind. Das betrifft ja nicht nur uns, sondern auch unsere Kunden, also die ganze Wirtschaft. Wir können unsere Mitgliedsbetriebe nur dann zu digitaler Fitness anregen, wenn die Technik dafür mitspielt.

Henning Mack: Was im übertragenen Sinn auch bei der Fachkräfte-Thematik eine Schlüsselrolle spielt. Nur geht’s da nicht um Technik, sondern um flexiblere Spielregeln am Arbeitsmarkt und mehr Freiraum für ein evolutionäres Tempo bei Aus- und Weiterbildung.

Heinrich Doll: Digitalisierung, das bedeutet bei uns übrigens vor allem die Forderung nach Standardisierung und Verschlankung dort, wo unsere Branche mitunter noch im vorigen Jahrhundert festgehalten wird: bei der Bürokratie. Wir sind gern gesetztestreue Bürger und Unternehmer. Aber wir werden uns weiter zu Wort melden, wenn wir Hürden sehen, die es nicht braucht. Auf diesem Gebiet ist die Stimme eines starken Verbands unbezahlbar.

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