Der LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. unterstützt umfassende Maßnahmen für mehr Lkw-Sicherheit und macht aber auch auf Schwachstellen in der aktuellen Diskussion aufmerksam.
„Wegen des hohen Anteils von Auffahrunfällen durch schwere Nutzfahrzeuge besonders auf Bundesautobahnen und der schweren Folgen müssen die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Notbrems-Assistenzsysteme für solche Situationen erhöht werden.“ So heißt es in einer Entschließung (131/18) des Bundesrates „für eine Modernisierung und Erweiterung der EU-Regelungen für Notbremsassistenten und Abstandswarner in schweren Nutzfahrzeugen“. Damit hat die Länderkammer einen erneuten Vorstoß unternommen, um die Bundesregierung dazu zu bringen, sich bei der EU für strengere Vorgaben beim Einsatz von Notbremsassistenten (Advanced Emergency Breaking System – AEBS) in Lkw stark zu machen.
Neue Vorgaben für neue Fahrzeuge
Wie bei jeder anderen Maßnahme auch, mit der sich die Sicherheit im Verkehr nachhaltig verbessern lässt, „findet dieser Vorschlag unsere Zustimmung“, erklärt Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V. Dies gelte für den Verband genauso wie für seine Mitgliedsbetriebe, die schon lange laufend in eine erhöhte Sicherheit investieren. Allerdings macht Lehman auch darauf aufmerksam, dass der LBS wie in jedem Fall, der den ganzen europäischen Markt betrifft, dabei die Problematik von Einheitlichkeit und Umsetzbarkeit neuer Regeln und Vorschriften sieht: „Die einfachste und überzeugendste Lösung, unabhängig davon, wie sich die Vorgaben verändern, lautet aus unserer Sicht: Neue Vorgaben für neue Fahrzeuge, Eliminierung von Abschaltfunktionen und finanzielle Anreize zur Umrüstung.“
Kompromisse sind nicht akzeptabel
Gleichzeitig gelte es, mit aller Kraft und Konsequenz die einheitliche Befolgung strikter Anwendungsvorschriften durchzusetzen, wenn sie erst einmal in Kraft sind. „Die Forderung, dass ein Notbrems-Assistenzsystem Funktion permanent verfügbar sein soll, erlaubt aus unserer Sicht keinen Kompromiss und keine Zugeständnisse“, sagt Lehmann. „Wie von der Bundesratsinitiative gefordert, darf dann ein manuelles Ausschalten durch Fahrzeugführende grundsätzlich technisch nicht mehr möglich und verhaltensrechtlich nicht zulässig sein.“
Mehr Schulung für Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer
Für die von Bremen und Berlin ausgehende Bundesratsinitiative, den Abbiegeassistenten in neuen Lkw zur Pflicht zu machen, ist die LBS-Haltung im Ergebnis die gleiche wie beim Notbremsassistenten. Wobei, wie die Geschäftsführerin ausführt, „technische Hilfsmittel aus unserer Sicht immer nur ein Teil der Lösung sein können“. Genauso wichtig sei es, die Fahrer im Umgang mit solcher Technik fortlaufend zu qualifizieren und gleichzeitig anderen Verkehrsteilnehmern ein konkretes Bewusstsein dafür zu vermitteln, worauf sie bei Begegnungen mit Lkws achten müssen. Lehmann: „Es wäre ein falsches Gefühl von Sicherheit, würde sich bei obligatorischen Abbiegeassistenten jeder darauf verlassen: Jetzt kann nichts mehr passieren.“
Weitere Maßnahmen brauchen Förderung
Der LBS ist in diesem Zusammenhang überzeugt, dass Spediteure bei der Frage der Abbiegeassistenz-Systeme, wie bei allen anderen Maßnahmen, die zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen, auch weiterhin ohne Zögern bereit sein werden, entsprechende Investitionen vorzunehmen. Sehr viele Unternehmen haben schon technische Assistenzsystem im Einsatz – und das seit Jahren! Aber die Unternehmen gehen zusätzlich noch andere Wege. So gibt es zum Beispiel schon jetzt eine wachsende Zahl von Unternehmen, die „Spiegel-Einstellplätze“ einrichten, an denen die Fahrer vor dem Start ihrer Tour ihre Übersicht optimieren. Oder sie bringen sich ein bei der Verkehrserziehung in Kindergärten und Schulen.
Zudem sollten Investitionen für solche Maßnahmen gefördert werden: „Es ist in diesem Fall kontraproduktiv, wenn durch langwierige Genehmigungs- und Einspruchsverfahren ein Mehr an Sicherheit verhindert oder zumindest verzögert wird“, warnt Lehmann.
Reihe von Fragen noch offen
„Bei einer Einbau- oder Nachrüstpflicht ist aus unserer Sicht auch Investitionssicherheit gefragt“, macht die LBS-Geschäftsführerin auf eine weitere Problematik aufmerksam, die aktuell einer flächendeckenden AEBS-Auf- bzw. Nachrüstung entgegenstehen: „Sind diese Systeme zuverlässig? Sind Nachrüstungen auch bei älteren Fahrzeugen uneingeschränkt möglich und genehmigungsfähig? Wie sind mögliche Haftungs- und Versicherungsfragen geregelt? Was passiert, wenn Unternehmen jetzt investieren und dann Vorgaben und Anforderungen neu definiert werden?“ Sicherheitsfragen ließen sich selten punktuell lösen, sondern zögen immer eine ganze Kette weiterer Fragen nach sich, so Lehmann. Ihr Fazit: „Gerade im Fall der Abbiegeassistenten fehlen aktuell noch einige Antworten für eine geregelte betriebliche Praxis.“